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The Ocean: Fluxion (Re-Release) (Review)

Artist:

The Ocean

The Ocean: Fluxion (Re-Release)
Album:

Fluxion (Re-Release)

Medium: CD
Stil:

Postmetal

Label: Pelagic Records
Spieldauer: 57:00
Erschienen: 05.06.2009
Website: [Link]

Teil 1 – Prototyp

I. Einleitung
Der Ozean war schon seit Menschengedenken Quelle für unzählige Geschichten, Sagen, Märchen, war Schauplatz für biblische Ereignisse wie die Sintflut oder der Walfisch, der Jona verschlang. Das Meer mit seinen unendlichen Weiten und Tiefen, den unerforschten Welten, die zehn Kilometer unter der Oberfläche darauf warten, entdeckt zu werden, mit seiner beruhigenden Wirkung der türkisblauen Wasser in der Karibik und der zerstörerischen Kraft eines Tsunamis – diese unermessliche Menge an Wasser vereint all das in sich.

Vielleicht in Folge verhärtender Ängste bezüglich des Klimawandels und eines steigenden Meeresspiegels scheint ein neuer „Ozeanhype“ in der Welt der Musik aufzuflackern. MASTODONS „Leviathan“ erzählt die Geschichte von Moby Dick in Form von wildem Sludgemetal, genauso wie AHABs „The Call Of The Wretched Sea“, während ISIS’ „Oceanic“ die Kraft der Wellen mit zwerchfellmassierenden Riffs auf den Hörer überträgt. OCEANSIZE tragen das ungestüme Nass sogar im Namen, obwohl die Musik weniger zäh dahinkriecht.

II. Die Sturmflut
Das deutsche Kollektiv THE OCEAN scheint von all dem seine Inspiration zu nehmen. Das Artwork demonstriert auf „Fluxion“ (ob Originale 2004-Version oder 2009-Remaster sei dahingestellt) schon auf den ersten Blick, dass man es mit einer Gesamtkonzeption rund um das Thema „Meer“ zu tun hat. Geht man speziell auf die 2009 erschienene Remaster-Version ein, suggeriert der geschwungene Albumtitel und das dunkle, unförmige Meer im Hintergrund bereits tiefe, weite Klangflächen aus der ISIS-Schule.

Doch bei THE OCEAN wird nicht geplanscht – hier wird um sein Leben geschwommen. Umspülen andere Alben den Hörer mit sanften auf- und abschwappenden Wellen, sind THE OCEAN vielmehr die gnadenlose Sturmflut, bei der man sich tunlichst am letzten Mast festhalten sollte und deren Folgen schon mal eine heftige Seekrankheit sein kann. Für diese Band ist wohl der Rest der musikalischen Tiefseetaucher zu popelig, sie gehen lieber in die Vollen und sparen nicht an Doublebass und harschen Gitarrenriffs.

III. Der Prototyp
Seinen Anfang nahm THE OCEAN 2001, als der kreative Motor der Band, Robin Staps, nach Deutschland zog und dort eine alte Aluminiumfabrik mietete, die später in einen Studiokomplex mit Namen „Oceanland“ umgebaut wurde.

In „Oceanland“ entstand, nach einigen eher spärlich besuchten Gigs, die erste, instrumentale EP „Fogdiver“ über Make My Day Records und Zomba. Bereits hier sind Ansätze für spätere Werke zu finden, wo sich klassische Instrumente in wohliger Postrock-Manier den Platz mit härteren Gitarren teilen. So rumpelten THE OCEAN durch die Lande, gewannen sogar einen Bandwettbewerb und verzückten die Zuschauer mit ihren klassisch-beeinflussten Live-Instrumentalisten. 2004 sollte für THE OCEAN schließlich ein Jahr des mittelgroßen Umbruchs werden. Ein Doppelalbum war ursprünglich geplant; für den ersten Teil, „Fluxion“, bildete man sogar eine komplette Streichersektion mit Bläsern aus. Die größte Veränderung brachte allerdings der Gastsänger Meta, der mit höchst ungemütlichen Growls eine deutliche Spur der alten NEUROSIS in den Sound einbrachte.

IV. Feinschliff
Schnitt. Überspringen wir zwei Alben (unter anderem das fantastische „Precambrian“) und landen nun im Jahre 2009. Praktisch alles hat sich verändert für THE OCEAN. Das Kollektiv, das auf „Fogdiver“ noch recht überschaubar war, hat sich zu einem Monstrum von einer „Band“ entwickelt, welche aber laut Robin Staps demnächst deutlich reduziert wird.

„Fluxion“, mit seinem hellblauen, fast schon freundlichen Cover (ein Schwarm Fische lichtet sich in einer türkisblauen See) passte bisher nie wirklich zu seinem Bruder-Album „Aeolian“, obwohl ursprünglich sogar ein zusammenhängendes Werk in Planung war. Martin Kvamme, der Designer des düsteren „Aeolian“-Artworks, passte also „Fluxion“ visuell an seinen deutlich härteren Bruder an. Das „neue“, alte Album erschien schließlich auf dem bandeigenen Label „Pelagic Records“.

Die 2009-Remaster-Version enthält aber noch viele andere Überraschungen. Grunzte auf der alten Version Meta noch einsam vor sich hin, zog man den aktuellen Sänger Mike Pilat nun mit ins Boot, was die Musik an sich abgedrehter und weniger monoton klingen lässt. Auch an den Gitarren und dem Arrangement wurde gefeilt. Die Strukturen sind jetzt noch straffer, die Produktion fetter. „Fluxion“ ist vom Prototypen zum gleichwertigen Bruder von „Aeolian“ geworden.

V. Das Album
„Fluxion“ enthält bereits alles, was auf seinen Nachfolgern zur vollen Blüte erstrahlen sollte. Breitflächiges Orchester als Untermalung von heftigen Gitarrenwänden, brüllende Aggression, derbstes Sludgemetalgehämmer, progressive Riffs, die sich in komplexen Rhythmen übereinanderstapeln und im nächsten Augenblick von überraschenden Breaks abgelöst werden. THE OCEAN haben immer ein Ass im Ärmel. Vielleicht zu viele Asse möchte man meinen, so vollmundig und fett klingt das Album, dass einem das komische Gefühl von Überproduktion kommt.
Zum Glück ist es nur ein Gefühl, denn „Fluxion“ besticht im innersten Kern auch musikalisch. Man mag diesen Brei mit härteren NEUROSIS und ISIS zu „Oceanic“-Zeiten vergleichen, beides wird stimmen, aber THE OCEAN rücken stärker weg von zähen Klängen hin zu kompromissloseren Metalanleihen. Da wummern auch mal die Drums und Gitarren in schönster Deathmetal-Zweisamkeit und die Sänger growlen sich ihre Kehlen aus dem Leibe. Ich sprach vorhin von einer Sturmflut – da habt ihr sie.
Juwelen, die „Fluxion“ bietet, sind ohne Zweifel „The Human Stain“ mit seinem hypnotischen Mittelteil, das proggige „Isla Del Sol“ und – das Beste kommt zum Schluss – „The Greatest Bane“ als wuchtiger Rausschmeißer in Überlänge. Das sind die Momente, die am ehesten an ozeanische Tiefen erinnern und einen in die kalte, wogende See hinabtauchen. An der Oberfläche kratzen dafür „Comfort Zones“, „Equinox“ und „Dead On The Whole“, die keinesfalls schlecht sind, aber außer Nackenstarre keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dazwischen stecken kleine instrumentale Tracks, „Nazca“, der Titeltrack und „Loopholes“, als Atempausen. Quasi die Augen des Sturms.

VI. Alles in Allem
Erschlagen ist man nach dem ersten Mal THE OCEAN immer. Erschlagen von der Fülle an Möglichkeiten, die so ein Kollektiv bieten kann. In „Fluxion“ steckt so viel drin, was andere Bands zu ihren Erfolgsrezepten gemacht haben, aber THE OCEAN nehmen diese Vorbilder – NEUROSIS, ISIS, in Teilen sogar CONVERGE oder TEXTURES – nur als Sprungbretter für ihre eigene Vision: Den Hörer nicht in einen plätschernden Tümpel zu werfen, sondern gleich in den eiskalten, alles verschlingenden Ozean.

FAZIT: „Fluxion“, der erste Teil der OCEAN-Geschichte, zuerst erschienen 2004, 2009 schließlich komplett neu überarbeitet, ist vielleicht der perfekte Einstieg in die düstere Welt dieser Post-Sludge-Metaller. „Fluxion“ hat unbestrittene Highlights, ein paar wenige Schönheitsfehler, talentierte Musiker und eine glasklare Produktion. Wer die Kraft hat, gegen einen Tsunami aus einer klassisch ausgebildeten Streichergruppe, mehreren Gitarristen, einem starken Drummer und zwei Bestien am Mikrofon anzukommen, sollte sich „Fluxion“ und THE OCEAN nicht entgehen lassen.

Benjamin Feiner (Info) (Review 7555x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Nazca
  • The Human Stain
  • Comfort Zones
  • Fluxion
  • Equinox
  • Loopholes
  • Dead On The Whole
  • Isla Del Sol
  • The Greatest Bane

Besetzung:

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